Monday, August 25, 2008

Die Olympia-Profiteure

Kassensturz nach den Spielen

Die Olympia-Profiteure

Von Christoph Hein, Peking

25. August 2008 Die Olympischen Spiele in Peking sind vorbei, nun folgt der Kassensturz. Rekorde wurden nicht nur im „Vogelnest“ erzielt, sondern auch auf vielen Konten. Denn Olympia in China bewegt das große Geld. Viel Geld fließt im Land selbst und auf die Konten des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), der erfolgreichen Athleten und der Sponsoren. Auch wenn die Auslastung der Hotels und vieler Stadien weit hinter den Erwartungen zurückblieb, dürften die ersten Spiele in China ein wirtschaftlicher Erfolg gewesen sein.

Schwer zu messen bleibt, wie das Land von der internationalen Aufmerksamkeit profitiert. Offiziell beträgt das Olympia-Budget Pekings nur gut 2 Milliarden Dollar. Der niedrige Betrag täuscht freilich. Denn er umfasst nur die Baukosten der Sportanlagen. Viel gewichtiger für die Stadt ist der Ausbau der Infrastruktur – vom Flughafenterminal über U-Bahnen und Brücken bis hin zu Kläranlagen. Schätzungen reichen von 35 bis 45 Milliarden Dollar; für ganz China und alle Wettkampforte werden sogar 70 Milliarden Dollar genannt.

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Von diesen Projekten – etwa neuen U-Bahnen – werden die Menschen aber auch weiterhin etwas haben. Gewonnen haben damit auch Unternehmen, die nicht zu den Sponsoren zählen. So weist Siemens rund 1,1 Milliarden Euro als Einnahmen aus dem Geschäft mit den Spielen aus. „Wir hätten kein Projekt übernommen, mit dem wir kein Geld verdient hätten“, sagt der China-Chef von Siemens, Richard Hausmann.

Auch kleine Unternehmen ergatterten Aufträge

Aber nicht nur die Großen haben Geld mit Olympia gemacht. „Deutsche Unternehmen konnten wesentlich von den Olympischen Spielen profitieren“, sagt Hausmann, der auch Vorsitzender der Deutschen Handelskammer in Peking ist. „Auch viele kleine und mittlere Unternehmen ergatterten Aufträge.“ Das Spektrum reicht von Procon Multimedia (Beschallung der Stadien) über die Peter Maier Leichtbau (Aluminumbrücken) bis hin zum Zelthersteller Losberger.

Am meisten dürfte indes die Industrie des Rohstofflieferanten Australien profitiert haben: Wie kein anderer hat der Business Club Australia in Peking Netze geknüpft. Allein der weltgrößte Bergbaukonzern BHP Billiton empfing täglich eintausend Gäste in Peking. Die Handelskammer Austrade schätzt, dass ihre Unternehmen während der Spiele Verträge im Wert von 1,7 Milliarden australischen Dollar (1 Milliarde Euro) vereinbart hat – mehr als während der Spiele in Sydney 2000.

Aber auch viele Spitzenathleten sind inzwischen Ein-Mensch-Unternehmen. Neben Superstars wie Usain Bolt und Michael Phelps ist die australische dreifache Goldmedaillen-Gewinnerin Stephanie Rice ein gutes Beispiel: Zu einem Vertrag über 500.000 australische Dollar mit dem Fernsehsender Seven Network kommen dank der Medaillen nun Werbeverträge über 400.000 Dollar im Jahr hinzu. „Sie wird noch schneller schwimmen, sie hat das richtige Aussehen und die Persönlichkeit, um Kunden für die von ihr repräsentierten Marken zu gewinnen“, schwärmt James Henderson, Chef der Sportmarketing-Firma DSEG über „Australiens heißesten weiblichen Sportstar“.

Für deutsche Sieger steht ein Jahr ein Mercedes zur Verfügung

Deutsche Medaillengewinner bekommen vom IOC-Partner Daimler für ein Jahr einen Mercedes zur Verfügung gestellt. Und Singapur hatte Goldmedaillengewinnern die Rekordsumme von einer Million Singapur-Dollar (478.000 Euro) versprochen – nur hat kein Singapurer Gold gewonnen.

Das ganz große Rad bei den Spielen drehen aber die olympische Gemeinschaft und ihre Unterstützer. Dazu zählen zu allererst die zwölf Hauptsponsoren. Ihr Spektrum reicht von McDonald’s über Lenovo bis hin zu Visa. Sie werben mit den Ringen und liefern dafür Produkte oder Bargeld. Denn das weltberühmte Logo ist Eigentum des IOC. „Es ist der beste Weg, eine Marke bekannt zu machen“, sagt Lenovo-Manager Milko van Duijl. Der Gesamtbeitrag der Zwölf liegt nach Angaben des IOC bei 866 Millionen Dollar.

Hinzu kommen die Förderer der Spiele in Peking. Sie waren in drei Stufen organisiert: Partner, Sponsoren, Lieferanten. Nach diesem Titel richtet sich die Höhe ihres Beitrags – auch hier aufgeteilt in Sachlieferungen und Geld. In die erste Gruppe haben sich zum Beispiel Adidas und Volkswagen eingekauft. Auch sie nennen ihren Zuschuss nicht. Immer wieder aber kursieren Werte von 80 bis mehr als 100 Millionen Dollar je Unternehmen. Insgesamt dürfte das Pekinger Organisationskomitee 1,2 Milliarden Dollar von Sponsoren eingenommen haben, heißt es. Sie zu gewinnen war nicht schwer, da alle auf den Wachstumsmarkt China drängen. So verzeichnet Adidas im ersten Halbjahr ein Umsatzwachstum von gut 60 Prozent auf dem nun zweitgrößten Markt nach Amerika. Für Volkswagen ist China schon heute der größte Markt.

Fernsehrechte als wichtigste Einnahmequelle

Die Ausstrahlung Olympias aber reicht über China hinaus. Die Fernsehrechte vermitteln davon ein Bild. NBC, der amerikanische Fernsehsender, Tochterunternehmen von General Electric, zahlte fast 900 Millionen Dollar für die Übertragungsrechte. Ein gewagtes Spiel, das sich aus NBC-Sicht dann rechnet, wenn der Sender die erwarteten 1,1 Milliarden Dollar für die Werbezeiten einnimmt.

Auch für das IOC bleiben die Fernsehrechte die wichtigste Einnahmequelle. Peking allein steht für 1,7 Milliarden Dollar, London 2012 soll gut 2 Milliarden Dollar einbringen. Die Periode von vier Jahren mit den Winterspielen in Turin und den Sommerspielen in Peking dürfte 2,6 Milliarden Dollar gebracht haben, fast ein Drittel mehr, als die vorhergehende Periode von Athen bis Salt Lake City. Die Einnahmen aus den Eintrittskarten nehmen sich dagegen gering aus: Mit einem durchschnittlichen Ticketpreis von 75 Yuan (7,5 Euro) in Peking und 6,7 Millionen Karten betrugen sie knapp 50 Millionen Euro.

Die Gesamteinnahmen des IOC für die vergangenen vier Jahre summieren sich auf gut 5 Milliarden Dollar. Davon behält das Komitee 8 Prozent, diesmal also gut 400 Millionen Dollar. Der Rest wird weitergeleitet an nationale Verbände, vor allem an den Organisator. Das heißt, dass Peking aus diesem Topf etwa 2,5 Milliarden Dollar zufließen. Und der olympische Effekt für China? „Ohne Zweifel haben die Spiele die Wirtschaft und die soziale Entwicklung Pekings vorangetrieben“, sagte Chinas Präsident Hu Jintao zu Beginn Olympias. „Aber Peking macht nur einen kleinen Teil unserer Volkswirtschaft aus.“

Text: F.A.Z.
Bildmaterial: dpa, F.A.Z.


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