Tuesday, December 16, 2008

Das Bausparen erlebt eine Renaissance

Das Bausparen erlebt eine Renaissance

16. Dezember 2008 Die Bausparkassen verzeichnen derzeit einen Zulauf, wie sie ihn seit fünf Jahren nicht mehr erlebt haben. „Das Bausparen erlebt derzeit eine Renaissance“, sagt Matthias Lechner, Vorstandvorsitzender der Wüstenrot Bausparkasse.

Der Marktführer Schwäbisch Hall verzeichnete unmittelbar nach dem Zusammenbruch der amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers Mitte September ein spürbar anziehendes Neugeschäft. "Das Konservative, vermeintlich Langweilige ist wieder gefragt", sagt deren Vorstandsvorsitzender Matthias Metz.

© F.A.Z.

Zweitbeste Jahr der Geschichte im Neugeschäft deutet sich an

Genaue Zahlen über den Geschäftsverlauf in diesem Jahr liegen branchenweit zwar noch nicht vor. Vieles deutet aber darauf hin, dass die Bausparkassen im Neugeschäft auf das zweitbeste Jahr ihrer Geschichte zusteuern. Lediglich das Rekordgeschäft im Jahr 2003 dürften sich als unüberwindliche Hürde erweisen. Damals wurden kurz vor dem Wegfall der Eigenheimzulage in einer Art Schlussverkauf viele Abschlüsse vorgezogen. Die neu abgeschlossene Bausparsumme - sie setzt sich aus der vereinbarten Höhe von Bausparguthaben und Bauspardarlehen zusammen - stieg damals auf 106,5 Milliarden Euro und zum ersten und bislang einzigen Mal über 100 Milliarden Euro.

In diesem Jahr ist ein ähnlicher Schlussverkaufseffekt zu beobachten. Vom Jahr 2009 an werden die Auszahlungsbedingungen für die staatliche Wohnungsbauprämie spürbar eingeschränkt. Bislang kann der schon seit 1952 bestehende staatliche Zuschuss nach einer Sparzeit von mindestens sieben Jahren auch für andere Dinge jenseits des Wohnungsbaus verwendet werden. Künftig ist dies nur noch für junge Sparer möglich, die beim Abschluss ihres Bausparvertrags das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Für alle anderen wird der Zuschlag nur noch gewährt, wenn die Auszahlung aus dem Bausparvertrag für den Bau, den Kauf oder die Modernisierung von Wohnraum verwendet wird.

Derzeit liegt der Fördersatz bei jährlich 45,06 Euro für Alleinstehende und 90,11 Euro für Verheiratete, wenn das zu versteuernde Jahreseinkommen bei Alleinstehenden 25.600 Euro und bei Verheirateten 51.200 Euro nicht überschreitet. Nach einer Studie des Mannheimer Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) ist die staatliche Prämie für drei von vier Bausparern einer der wichtigsten Gründe für den Vertragsabschluss. Deshalb rühren beispielsweise die Landesbausparkassen (LBS) im Jahresendgeschäft noch einmal kräftig die Werbetrommel: „Wer bis zum 31. Dezember 2008 einen Vertrag abschließt und mindestens eine Regelsparrate einzahlt, kann nach Ablauf von sieben Jahren frei über Guthaben und Prämie verfügen.“

Abgrenzung des Bausparsystems von den Kapitalmärkten - zugkräftiges Verkaufsargument

Zusätzlich hat sich in den vergangenen Monaten die klare Abgrenzung des Bausparsystems von den Kapitalmärkten als zugkräftiges Verkaufsargument erwiesen - trotz der im Vergleich zu Tagesgeldkonten oder Bankeinlagen deutlich niedrigeren Verzinsung. "Die Unabhängigkeit vom Kapitalmarkt stellt einen systembedingten Pluspunkt gerade in bewegten Börsenzeiten dar, der Bausparer ruhig schlafen lässt", begründet Wüstenrot-Chef Lechner diese Entwicklung. Auch die hartnäckig erstrittene Einbindung des Bausparens in die staatlich geförderte private Altersvorsorge (Wohn-Riester), die zum 1. November wirksam wurde, belebt das Neugeschäft in diesen Tagen.

Das Bausparsystem ist ein weitgehend geschlossener Kreislauf, in dem aus niedrig verzinsten Einzahlungen Darlehen innerhalb des "Bausparkollektivs" gewährt werden. Viele Bausparer schätzen an dieser Form der Geldanlage beziehungsweise Baufinanzierung, dass die Zinskonditionen schon bei Vertragsabschluss feststehen - was Überraschungen vorbeugt. Immer wieder für Ärger sorgt im Alltag jedoch der Interessenkonflikt zwischen dem Verkäufer eines Bausparvertrages und seinem Kunden. Die Provision des Verkäufers bemisst sich an der Höhe der vereinbarten Bausparsumme. Während der Vertriebs also danach strebt, die Bausparsumme möglichst hoch anzusetzen, um mehr Provision mit weniger Aufwand einzustreichen, sind für Bausparer mehrere Verträge über kleinere Summen im Normalfall sinnvoller.