Verkehr | 26.05.2008
DHL nimmt Luftfracht-Drehkreuz in Leipzig in Betrieb
Die Deutsche Post hat ihr europäisches Luftfracht-Drehkreuz in Leipzig eröffnet. Die strukturschwache Region hofft auf Tausende neue Arbeitsplätze. Doch nicht alle freuen sich über das modernste Logistikzentrum der Welt.
Gerade einmal zwei Jahre hat es gebraucht, im Süden des Regional-Airports Leipzig/Halle einen kompletten Frachtflughafen zu bauen. Der verfügt über direkten Zugang zu einem wichtigen Autobahnkreuz – und hat einen Bahnhof, um die Fracht auch per Schiene an- und abzutransportieren. Damit ist der Standort gleichberechtigt neben Wilmington in den USA und Hongkong in Asien die dritte Drehscheibe für das Frachtgeschäft des Weltmarktführers DHL. 300 Millionen Euro wurden investiert.
Bildunterschrift: Großansicht des Bildes mit der Bildunterschrift: Das Drehkreuz gilt als Vorzeigeprojekt in der Region, in der die Arbeitslosigkeit hoch ist
Post-Vorstandschef Frank Appel sieht den Flughafen Leipzig/Halle "von fundamentaler Bedeutung für den Ausbau unseres globalen Expressgeschäftes." Man sei froh, dass dieses riesige Projekt voll im Zeit- und Kostenplan geblieben und nun erfolgreich an den Start gegangen sei, sagte der seit März amtierende Manager der Deutschen Welle. "Wir sehen hier Chancen für ein enormes Wachstumspotential für uns durch die Nähe zu Osteuropa und eben in der Mitte Europas – deswegen ist der Standort hier sehr, sehr wichtig für uns." Appel verweist auf den zentralen Verkehrsknotenpunkt, auf das sehr große Potential an Arbeitskräften und ein politisches Umfeld, "was uns sehr stark unterstützt hat, diese Planung sehr schnell umzusetzen."
Hoffnung auf blühende Landschaften
Das Areal im Nordwesten der sächsischen Halb-Millionenstadt Leipzig gilt schon länger als Vorzeigeobjekt beim Aufbau Ost. Zahlreiche Unternehmen haben sich hier bereits angesiedelt. So bauen Porsche und BMW hier Autos, der Internethändler Amazon und der Computerhersteller Dell betreiben hier Versandzentren. Das neue DHL-Drehkreuz dürfte nun weitere Unternehmen aus Industrie, Handel und Logistik anlocken, so dass zu den 3500 geplanten Jobs beim Paketversender mit bis zu 7000 weiteren Jobs gerechnet wird.
Bildunterschrift: Großansicht des Bildes mit der Bildunterschrift: Die meisten Mitarbeiter müssen nachts arbeiten. Vollzeitstellen gibt es wenige
Wichtig für eine Region, in der die Arbeitslosenquote mit 15 Prozent deutlich über dem deutschen Durchschnitt liegt. Leipzigs Bürgermeister Burkhard Jung führt die Vorteile des Standorts zum einen auf die geografische Lage zurück. Man sei hier eben mitten in Europa. Zum anderen habe man darauf gesetzt, modernste Infrastruktur über und unter der Erde zu bauen. Dies sei die einzige Chance, solche Ansiedlungen anzulocken. "Dann eine ganz schnelle, flexible Verwaltung – und, wenn ich das mal so sagen darf – der Charme der Leipziger, der ist unglaublich", so Jung.
Gefragte Jobs
Über 50.000 Bewerbungen hat es für die ersten 2200 Jobs von DHL hier gegeben. Das Unternehmen weist mit Stolz darauf hin, dass zwei Drittel der Beschäftigten aus der Region kämen, viele von ihnen seien zuvor arbeitslos gewesen. Dennoch: Die Lohnkosten liegen rund 20 Prozent unter denen am Flughafen Brüssel, von woher das Drehkreuz nach Leipzig verlagert wurde. Nur wenige haben einen Vollzeitjob, die meisten arbeiten nachts in Teilzeit. Dennoch ist Michael Leix, einer der Glücklichen, die ausgewählt wurden, zufrieden. "Das ist mein Arbeitsplatz", sagt der 40-Jährige "das ist mein neuer Lebensmittelpunkt." Er fühle sich sehr wohl, die Arbeit mache Spaß und gebe ihm eine sichere Perspektive. "Also voll die Nummer eins auf meiner Liste."
Angst vor Lärm
Keinesfalls die Nummer eins ist der Frachtflughafen für viele Anwohner. Sie hatten gegen die Investition geklagt, weil sie neben dem Lärm auch einer Wertminderung ihrer Anwesen befürchten. Einige von ihnen demonstrierten auch vor dem Eingang zum Gelände. Ein Konflikt, den der Flughafenchef von Leipzig/Halle, Eric Malitzke, schon länger zu schaffen macht.
Bildunterschrift: Großansicht des Bildes mit der Bildunterschrift: Viele Bewohner fürchten den Fluglärm. 60 Starts und Landungen soll es nachts geben
Man nehme die Sorgen der Anwohner sehr ernst, sagt der 34-jährige Manager. "Ich glaube, das Wichtigste ist, zu diesem Zielkonflikt zu stehen und zu sagen: Ja, das ist ein Problem." Bis heute arbeiteten schon 2200 Leute hier. Die meisten seien vorher arbeitslos gewesen, viele sind schon über 50 Jahre. "Ich lese viele Studien darüber, dass Fluglärm möglicherweise krank macht. Ich bin mir sicher: Langzeitarbeitslosigkeit macht auch krank", so der Jungmanager.
Die Auseinandersetzung wird weitergehen – immerhin starten und landen nunmehr 60 DHL-Maschinen jede Nacht an dem neuen Drehkreuz.
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