WIRTSCHAFT | 19.01.2009
Deutschland steht vor schwerer Rezession
Laut Prognose der EU-Kommission steht Deutschland vor dem stärksten Einbruch der Wirtschaftsleistung seit dem Zweiten Weltkrieg. Bundesfinanzminister Steinbrück bestätigte die Zahlen aus Brüssel.
Trotz der milliardenschweren Konjunkturpakete der Bundesregierung steht Deutschland ein massiver Einbruch der Wirtschaftsleistungen bevor. Die EU-Kommission teilte am Montag (19.01.2009) in Brüssel mit, sie erwartet, dass das deutsche Bruttoinlandsprodukt 2009 um 2,3 Prozent zurückgeht. Das wäre der größte Einbruch seit dem Zweiten Weltkrieg. Erst für 2010 rechnet die Behörde wieder mit einem Wachstum von 0,7 Prozent.
Die Bundesregierung legt ihre Wachstumsprognose am Mittwoch vor. Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) teilte bereits mit, die in Brüssel vorgelegten Zahlen stimmten mit denen überein, die die Regierung im Jahreswirtschaftsbericht präsentieren wolle.
Die Wirtschafts- und Finanzkrise beschert ganz Europa eine Rezession. Die Kommission erwartet für die Euro-Zone ein Minus von 1,9 Prozent in 2009 und eine Erholung mit 0,4 Prozent Wachstum für 2010. Für die 27 EU-Länder insgesamt wird in 2009 ein Minus von 1,8 Prozent und im folgenden Jahr ein Plus von 0,5 Prozent prognostiziert.
Deutschland verstößt 2010 gegen Defizitregeln
Düstere Aussichten für die deutsche Wirtschaft
Als Exportnation leidet Deutschland besonders unter dem Rückgang im Welthandel, wie es in dem Bericht hieß. Die beiden Konjunkturprogramme der Bundesregierung verhinderten ein noch massiveres Minus. Das deutsche Haushaltsdefizit wird allerdings durch diese Maßnahmen und durch den Rückgang der Steuereinnahmen in diesem Jahr voraussichtlich auf 2,9 Prozent steigen. Damit wird die Defizitgrenze des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts von drei Prozent gerade noch eingehalten.
Im kommenden Jahr dürfte Deutschland dagegen erstmals innerhalb von fünf Jahren wieder deutlich gegen die Vorgaben des Stabilitätspakts verstoßen. Die EU-Kommission schätzt das Defizit für 2010 auf 4,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Nach dem 2005 reformierten Stabilitätspakt ist ein vorübergehendes Überschreiten der Drei-Prozent-Schwelle im Fall einer schweren Wirtschaftskrise möglich, ohne dass Strafzahlungen drohen. Allerdings müssen die EU-Länder die nächste Konjunkturerholung zum Abbau der Verschuldung nutzen.
Schrittweise Erholung ab Jahresmitte
Joaquin Almunia erwartet eine tiefe Rezession
Ähnlich wie Deutschland stemmen sich viele EU-Länder mit Konjunkturprogrammen gegen die Krise. Gemeinsam wollen sie die Wirtschaft mit insgesamt 200 Milliarden Euro stützen. Deutschland mobilisiert allein rund 80 Milliarden Euro für Steuererleichterungen und öffentliche Investitionen. Wie EU-Wirtschafts- und Finanzkommissar Joaquin Almunia erklärte, ermöglichen die Konjunkturprogramme und die Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank eine schrittweise Erholung der Wirtschaft von der zweiten Hälfte des Jahres an.
Trotz steigender Zinsen für Anleihen einiger Euro-Länder drohen Almunia zufolge keine Staatspleiten. Es sei zwar eine Realität, dass die Risikoaufschläge für Staatsanleihen gegenüber deutschen Anleihen stark gestiegen seien. Die Euro-Länder müssten etwas dagegen unternehmen, um steigende Kosten der Staatsverschuldung zu verhindern. Es sei aber nicht zu erwarten, dass ein Euro-Land deshalb zahlungsunfähig werde. (kis)