Hohe Umbaukosten
Siemens mit tiefroten Zahlen im vierten Quartal
13. November 2008 Die Milliarden-Belastungen aus dem radikalen Konzern-Umbau und dem Korruptionsskandal haben den Elektrokonzern Siemens im Schlussquartal des abgelaufenen Geschäftsjahres tief in die roten Zahlen gedrückt. Nach Steuern sei im vierten Quartal 2007/08 (30. September) ein Minus von 2,4 Milliarden Euro verbucht worden, nach einem Verlust von 74 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum, teilte das Unternehmen am Donnerstag in München mit. Den Umsatz konnte Siemens dagegen um 7 Prozent auf 21,7 Milliarden Euro steigern, und der Auftragseingang legte um vier Prozent auf 22,2 Milliarden Euro zu.
Im Gesamtjahr schaffte Siemens dank des Verkaufs seiner Autozuliefersparte VDO an Continental trotzdem einen Gewinnzuwachs um fast die Hälfte auf 5,9 Milliarden Euro. Die Aktionäre werden davon aber wenig haben: Die Dividende soll bei 1,60 Euro je Aktie stagnieren. Der Umsatz sei um sieben Prozent auf 77,3 Milliarden Euro geklettert, teilte Siemens mit. Löscher erklärte, der Konzern habe den größten Teil des Umbruchs hinter sich. „Wir haben unsere Hausaufgaben erledigt. Damit sind wir schneller vorangekommen als erwartet.“
Die weltweite Konjunkturflaute macht sich bei Siemens noch kaum bemerkbar. Selbst im vierten Quartal kletterte der Auftragseingang noch um vier Prozent auf 22,2 Milliarden Euro. Löscher bekräftigte, Siemens werde im laufenden Geschäftsjahr doppelt so stark wachsen wie die Weltwirtschaft. Nach wie vor gehe er von einem operativen Gewinn der drei Sektoren Industrie, Energie und Medizintechnik ohne Sonderlasten von 8,0 bis 8,5 Milliarden Euro aus. Im abgelaufenen Geschäftsjahr betrug das vergleichbare Ergebnis gut 6,8 Milliarden Euro.
Löscher zeigte sich dennoch angesichts des schwierigen wirtschaftlichen Umfeldes etwas vorsichtiger. „Es ist sicher ambitionierter geworden, unsere Ergebnisprognose für das Geschäftsjahr 2009 zu erreichen. Doch sie bleibt bestehen.“ Dabei wolle man „quartalsweise die Auswirkungen der Finanzkrise bewerten.“ Die Konjunkturflaute werde Siemens nicht so hart treffen wie andere Firmen, da sich der Konzern dank seiner Position in Schwellenländern und dem ausgebauten Servicegeschäft vor Zyklen weitgehend gefeit sieht, sagte Löscher. In der Krise gehe es für Siemens darum, Marktanteile zu gewinnen. Dabei stehe allerdings organisches Wachstum im Mittelpunkt. Im vergangenen Quartal habe Siemens in der Medizintechnik auf vergleichbarer Basis erstmals seinen Erzrivalen GE als Weltmarktführer abgelöst.
Löscher hat darüber hinaus mehr Weiblichkeit im Konzern und mehr Vielfalt im Vorstand als Ziele ausgegeben - und beginnt bereits dies umzusetzen: Zum ersten Mal in mehr als 160 Jahren Konzerngeschichte hat Siemens eine Frau in den Vorstand berufen. Die 54 Jahre alte Barbara Kux übernimmt ab 17. November die Verantwortung für den weltweiten Einkauf des Konzerns, teilte Siemens am Mittwoch mit. Zudem werde die Schweizerin auch für Nachhaltigkeit und das Marketing des Umweltportfolios zuständig sein (siehe dazu auch: Bei Siemens in die frauenlose Zeit vorbei).
Text: FAZ.NET
Bildmaterial: AP