Monday, October 06, 2008

Panik an den Börsen der Welt

Panik an den Börsen der Welt

06. Oktober 2008 Trotz aller fieberhaften Rettungsbemühungen ist es am Montag zu dramatischen Kursstürzen an den Börsen in aller Welt gekommen. Nach Börsenöffnung in New York waren die deutschen Aktienindizes im freien Fall: Der Aktienindex Dax schloss mit einem Minus von 7,07 Prozent bei 5387,01 Punkten und damit auf dem tiefsten Stand seit Juli 2006. Zeitweise war er bis auf 5292 Zähler gefallen. Der MDax verlor 8,66 Prozent auf 6131,59 Punkte und notierte damit sogar auf dem tiefsten Stand seit Mitte 2005. Der TecDax fiel um 11,27 Prozent auf 604,17 Zähler und markierte damit ebenfalls ein Zweijahrestief.

Der weltweite Börsen-Leitindex Dow Jones war zuvor erstmals seit vier Jahren unter die wichtige 10.000-Punkte-Marke gerutscht. Er verlor bis zum Abend über 800 Punkte - so viel wie nie zuvor an einem einzigen Tag.

In Brasilien lösten die Turbulenzen eine Börsen-Panik aus. Die Krise um den Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate (HRE) ließ den Dax schon am Vormittag mehr als 5 Prozent einbrechen; bis zum frühen Abend verstärkten sich die Verluste. Der japanische Leitindex Nikkei fiel mit einem Minus von mehr als 4 Prozent auf den niedrigsten Stand seit fünf Jahren.

Die schlechte Stimmung an der Wall Street wurde von Börsianern mit der weiterhin angespannten Lage bei den Banken und Sorgen vor weiteren Belastungen im Rahmen der Finanzkrise begründet. „Wir sehen keine signifikante Verbesserung bei den Kosten, zu denen sich Banken gegenseitig Geld leihen“, sagte Peter Cardillo von Avalon Partners. „Das heißt, der Kreditmarkt ist weiter blockiert.“

Händler fürchten Auswirkungen für Realwirtschaft

Händler fürchteten, dass die anhaltende Finanzkrise auch die reale Wirtschaft immer stärker belastet. Der sinkende Ölpreis sei ein Zeichen für das Abkühlen der Weltwirtschaft, sagte Cardillo. Die negative Grundstimmung überwog zum Handelsauftakt gegenüber guten Nachrichten von der amerikanischen Notenbank.

Die Fed hatte vor Börsenbeginn eine Reihe zusätzlicher Maßnahmen angekündigt, um die Liquiditätsversorgung der kriselnden Geld- und Kreditmärkte sicherzustellen. Unter anderem weitet die amerikanische Notenbank ihre Dollarauktionen auf 150 Milliarden Dollar aus und zahlt den Banken künftig 1,9 Prozent Zinsen auf die bei ihr hinterlegten Mindestreserven. Vor allem die Aktien der Finanzbranche stürzten ab und rissen auch andere Titel mit.

Banktitel verlieren stark

In Deutschland verloren allen voran die Titel der Hypo Real Estate (HRE) 37,42 Prozent auf 4,70 Euro. In der Nacht zum Montag hatten sich Regierung und Finanzwirtschaft nach zähem Ringen auf ein neues Rettungspaket für den Immobilienfinanzierer geeingt. Dieses umfasst insgesamt 50 Milliarden Euro (siehe dazu auchEinigung über Rettungspaket für Hypo Real Estate). Das neu geschnürte Rettungspaket brachte aber nur wenig Entspannung für den Kurs. Erst am Samstag war das vor einer Woche ausgehandelte erste Hilfspaket für die HRE-Gruppe überraschend geplatzt, weil die Banken ihre Kreditzusagen wieder zurückgezogen hatten. Die Liquiditätslücke bis 2009 war weit größer als der zunächst angenommene Kreditbedarf von rund 35 Milliarden Euro. „Ein Desaster“, kommentierte ein Börsianer mit Blick auf offensichtliche Fehleinschätzungen des Finanzierungsbedarfs. „Es bleibt offen, ob das Volumen des Rettungspakets diesmal ausreicht.“

Aktien der Commerzbank fielen um 16,08 Prozent auf 11,90 Euro. Gerüchten zufolge muss die Commerzbank Vermögensgegenstände der Allianz-Tochter Dresdner Bank neu bewerten, um zusätzliche Risiken im Zuge der Finanzmarktkrise zu berücksichtigen. Laut einem Börsianer könnte dies Befürchtungen wieder aufleben lassen, wonach die Fusion zwischen Commerzbank und Dresdner Bank platzen könnte. Ebenfalls zu den Verlierern gehörten Aktien der Allianz, der Deutschen Bank und der Postbank.

Merkel kündigt Regierungserklärung zur Finanzkrise an

Im Sog der Finanzkrise und schlechter Vorgaben aus Übersee brachen die Aktienkurse auch im übrigen Europa ein. Der Euro Stoxx 50 schloss bei 2.872,38 Punkten und hatte damit 241,44 Punkte verloren.

Vor dem Hintergrund der zugespitzten Finanzkrise sind die obersten Kassenhüter des Euro-Raums am Montag in Luxemburg zusammengekommen, um über eine europäische Zusammenarbeit und die Einlagensicherung zu sprechen. Bundesfinanzstaatssekretär Jörg Asmusssen verteidigte vor Beginn die Berliner Ankündigung einer Komplettgarantie für private Spareinlagen. Bundeskanzlerin Angela Merkel will am Dienstag im Bundestag eine Regierungserklärung zur Finanzkrise abgeben.

Asiatische Börsen brachen ein

In Tokio brach der Nikkei-Index um 4,25 Prozent ein: Das Börsenbarometer verlor 465,05 Punkte und schloss mit 10.473,09 Punkten auf dem niedrigsten Stand seit mehr als vier Jahren. Ausschlaggebend war dafür laut Beobachtern die Besorgnis, dass nach der Verabschiedung des 700-Milliarden-Dollar-Rettungspakets im amerikanischen Kongress am Freitag die Krise nun auf Europa übergreift.

In Hongkong sank der Hang-Seng-Index um 3,7 Prozent auf 17.198 Punkte. Auch die Börsen auf dem chinesischen Festland, in Australien, Südkorea, Singapur und Thailand tendierten deutlich schwächer. Der wichtigste indonesische Index stürzte um mehr als fünf Prozent ab.



Text: FAZ.NET
Bildmaterial: AP, dpa, F.A.Z.

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