China: Neue Häfen und Transportwege zur Energiesicherung
Von Dirk Ruppik
China versucht, Transportwege für wichtige Rohstoffe im Rahmen des Energiesicherheitsplans mit Militärbasen zu schützen und neue Umschlagshäfen und Transportwege zu schaffen. So wird das Land immer mehr zu einem ernstzunehmenden Konkurrenten der USA um Öl. Das enorme Wirtschaftswachstum und der zunehmende Energieverbrauch im Land der Mitte ist ein zweischneidiges Schwert und gibt nicht nur Anlass zur Freude, sondern schürt auch Ängste bei der chinesischen Regierung. Der Energiekonsum steigt beständig und kann bei weitem nicht durch eigene Kohle- und Ölreserven gedeckt werden. China muss neue Versorgungsquellen in anderen Ländern erschließen beziehungsweise sichern und wird damit immer mehr zu einem ernstzunehmenden Konkurrenten der USA um Rohstoffe, wie Öl.
Der US-amerikanische Luftwaffen-Oberstleutnant Christopher J. Pehrson hat in seiner im Juli 2006 erschienenen Studie mit dem Namen „String of Pearls: Meeting the challenge of China´s rising power across the Asian littoral“ das Bestreben Chinas beschrieben, zunehmend Zugang zu Häfen und Luftwaffenbasen sowie diplomatischen Einfluss vom Südchinesischen Meer, entlang der Straße von Malakka, über den Indischen Ozean bis in den Arabischen Golf zu erhalten. Das Land versucht sich mittels strategischer Stützpunkte und Einrichtungen, die wie Perlen einer Perlenkette entlang der wichtigen Seefahrtswege aufgereiht sind, mit wichtigen Energieressourcen im Mittleren Osten und Afrika zu verbinden. „Die Perlenkette ist mehr als eine marine Strategie oder Militärstrategie. Sie ist auch weitgehender als eine regionale Strategie. Sie ist eine Manifestierung der chinesischen Ambitionen einen starken Machtstatus zu erhalten und eine selbstbestimmte, friedvolle und erfolgreiche Zukunft zu sichern“, heißt es in der Studie. Laut Pehrson ist dies „eine komplexe strategische Situation, die die künftige Richtung der chinesischen Beziehungen mit den Vereinigten Staaten, als auch die Beziehungen mit Nachbarn in der gesamten Region bestimmen könnte.“
Die US-China-Kommission schätzte die Situation in 2005 wie folgt ein: „China müht sich global zunehmend seine Energieversorgung auf eine Art und Weise zu sichern, die einen direkten Wettbewerb um Energieressourcen mit den USA ankündigt. Dies produziert die Möglichkeit eines Konflikts zwischen den beiden Nationen.“
Abhängigkeit vom Öl
China stand in 2007 laut Energy Information Administration (EIA) der amerikanischen Regierung auf Platz drei der Weltrangliste der erdölimportierenden Länder mit 3,67 Millionen Barrel pro Tag hinter Japan mit 4,84 Millionen Barrel pro Tag. Die USA ist Spitzenreiter mit 12,21 Millionen Barrel pro Tag. Deutschland liegt auf dem vierten Platz mit 2,32 Millionen Barrel pro Tag. Laut EIA werden rund 38 Prozent des Zuwachs bei der Weltnachfrage nach Öl dem Land der Mitte zugeschrieben.
Das Land bezieht 70 Prozent seiner Ölimporte aus dem Mittleren Osten und Afrika. Dieses Rohöl wird ausschließlich auf dem Seeweg transportiert. Gefährliche Brennpunkte sind dabei die Straße von Hormus und die Straße von Malakka aufgrund von Piraterie oder im Ernstfall möglichen militärischen Attaken oder militärischen Aktionen.
Kein Wunder also, dass China begierig nach Stützpunkten für Militärbasen zur Sicherung des Öltransports und neuen See- und Transportwegen (Kra-Kanal, Karakorum-Highway) beziehungsweise neuen Förderländern sucht. Zentralasien wird hier zunehmend bedeutend. Die Volksrepublik entwickelt zum Beispiel Öl- und Gasvorkommen in Kirgisistan und Turkmenistan. Im Sudan in Afrika hat China drei Milliarden US-Dollar (1,92 Milliarden Euro) zur Entwicklung von nicht ausgebeuteten Ölförderstätten investiert. Darüber hinaus hat das Land in 2004 rund 44 Milliarden Euro schweren Vertrag mit dem Iran mit einer Laufzeit von 25 Jahren für Flüssiggas unterzeichnet. China besitzt zudem weitreichende Ausbeutungsrechte im Westen Myanmars und plant den Transport per Pipeline nach Südchina.
Chinesische Außenposten zur Sicherung
Zu den Perlen der Perlenkette (Grafik 1 am Ende dieser Seite) gehören die chinesischen Hainan-Inseln mit in 2006 ausgebauter militärischer Kapazität, die Woody Islands nahe bei Vietnam mit einer Start- und Landebahn, Container- und militärische Einrichtungen im Hafen Chittagong in Bangladesch, eine Hafenanlage in Hambantota auf Sri Lanka,ein Tiefwasserhafen in Sittwe, Myanmar,der Bau und die Finanzierung des Hafens Gwadar in Pakistan, ein Militärstützpunkt in der Straße von Hormus sowie eine Eisenbahnverbindung von Südchina durch Kambodscha zum Golf von Thailand. Weiterhin besteht ein großes chinesisches Interesse an der Sicherung der Straße von Malakka, beziehungsweise am Bau des Kra-Kanals am Istmus von Kra in Südthailand.
Seestraßen von Hormus und Malakka
Die Seestraße von Hormus (Grafik 2) ist ein Nadelöhr, durch das 40 Prozent der weltweiten Öltransporte abgewickelt werden. Durch sie verläuft der gesamte Schiffsverkehr von und zu den Ölhäfen Kuwaits, Bahrains, des Iraks, der VAE und des Iran. Nicht nur China, die USA, Japan und Westeuropa sind von der militärischen Sicherung des Kanals abhängig. Bei einer Blokade oder Sperrung könnten die chinesische Wirtschaft und andere Wirtschaften schlichtweg kollabieren. Das Thema war aufgrund eines israelischen Luftwaffenmanövers Anfang Juli über dem Mittelmeer sehr aktuell. Der Iran hat mit einer Schließung der Straße von Hormus gedroht, sollten seine Interessen in der Golfregion missachtet werden. „Alle Länder sollten wissen, dass wir selbstverständlich anderen die Durchfahrt nicht erlauben, wenn die Interessen des Iran in der Region ignoriert werden“, sagte Generalstabschef des Iran Hassan Firusabadi nach Angaben der Nachrichtenagentur Fars. Die USA, China, Frankr eich und andere unterhalten Militärbasen in der Region.
Die Straße von Malakka ist ein ähnliches Nadelöhr wie Hormus aber zudem noch durch Piraterie bedroht. Einen terroristischen Anschlags mit entsprechenden Folgen könnte man als Supergau für die Weltwirtschaft bezeichnen. Allerdings wurden bei der Sicherung durch die Einführung der Malaysian Maritime Enforcement Agency (MMEA) im Februar 2005 ein großer Fortschritt erzielt. Zudem haben die Anrainerstaaten der Straße von Malakka, namentlich Singapur, Malaysia und Indonesien, und die Internationale Maritime Organisation (IMO) auf einer Konferenz im September 2007 in Singapur ein neues Rahmenwerk zur Kooperation in Sicherheitsfragen bezüglich des Schifffahrtkanals verabschiedet. „Die verbesserte Koordinierung von Patrouillen und neue Initiativen, wie die Luftüberwachung mit Namen „Himmelsaugen“ haben dazu geführt, dass die Straße von Malakka von der Schiffsversicherungs-Institution Lloyds in London nicht mehr als Kriegszone klassifiziert wird“, sagte der stellvertretende Premierminister von Malaysia Najib Tun.
Neuer Kanal soll Erleichterung verschaffen
Durch die enorme Steigerung des Ölpreises erhält das Projekt eines Kanalbaus durch den Isthmus von Kra (Grafik 3) in Südthailand wieder Auftrieb. Durch den rund 18 Milliarden Euro teuren Kanal könnte der Seeweg nach Nordostasien um ca. 1000 Kilometer verkürzt werden, dabei fünf bis sieben Tage Transportzeit eingespart werden und die terror- und pirateriegefährdete Straße von Malakka umgangen werden. China würde Milliarden von Dollar in den Kanal investieren und die Thai Navy würde die zentrale Rolle bei der Überwachung der Kanalregion übernehmen. Dir Folgen für Singapur, Malaysia und Indonesien wären enorm. Deswegen hat sich Singapur für das kleinere Übel entschieden und unterstützt die alternative Idee einer 230 km langen und rund 560 Millionen Euro teuren Trans-Kra-Pipeline – was wiederum Spannungen mit dem befreundeten China produziert. Bisher ist dieses Projekt ebenso wenig verabschiedet, wie der Kra-Kanal.
Versorgung von Chinas Westen über Gwadar
Durch den pakistanischen Hafen Gwadar könnte ebenfalls Öl unter Umgehung der Malakkastraße über den Karakorum-Highway nach Chinas Westen gebracht werden. Gwadar ist einer der Hauptfokusspunkte, der erste Außenposten in der Perlenketten-Strategie und zudem noch am neuralgischen Punkt Hormus gelegen. Das Land der Mitte will den pakistanischen Hafen in der Nachbarschaft Indiens in ein Transitterminal für iranische und afrikanische Rohölimporte entwickeln. Rund 770 Millionen Euro investiert China in den Ausbau Gwadars zu einem der bedeutendsten Tiefseehäfen Asiens. Inklusive ist der Bau einer Autobahn nach Karatchi und nach Kandahar und Jalalabad in Afghanistan. Der Hafen mit drei Liegeplätzen in der ersten Phase wurde im März 2007 eröffnet. In der zweiten Phase sind weitere vier Liegeplätze geplant.