25. November 2008, 08:01 Uhr
Die Wirtschaft schwächelt, und die Menschen halten ihr Geld zusammen. Daher fordert der Chef der Gesellschaft für Konsumforschung die Regierung zu Steuerentlastungen auf. Doch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) lehnt ab. Ihre Beamten diskutieren dagegen Einkaufsgutscheine – 500 Euro für jeden Arbeitnehmer.
Der Vorstandschef der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK), Klaus Wübbenhorst, hält möglichst frühzeitige Steuersenkungen für den richtigen Weg, um die Konjunktur und den privaten Konsum zu stabilisieren. „Es nützt nichts, Steuerentlastungen erst für 2010 anzukündigen“, sagte Wübbenhorst. „Es gibt keinen Grund, damit zu warten.“
Wübbenhorst nannte als Beispiel eine befristete Absenkung der Mehrwertsteuer. Für den privaten Konsum 2009 sieht der GfK-Chef trotz der Rezession nicht schwarz. „Wir halten ein Wachstum von 0,5 Prozent für möglich“, sagte er.
Zu steuerlichen Entlastungen rät auch die EU-Kommission in Brüssel. „Allgemein können vorübergehende Mehrwertsteuersenkungen schnell eingeführt werden, um einen starken fiskalischen Impuls zu schaffen, der den Konsum stützt“, heißt es in dem Entwurf des angekündigten Konjunkturprogramms. Die bereits vorgeschlagene reduzierte Mehrwertsteuer auf arbeitsintensive Dienstleistungen sollen die EU-Länder Anfang 2009 verabschieden.
Außerdem werde die Kommission einen Entwurf für niedrigere Steuersätze bei umweltfreundlichen Produkten vorlegen. Schließlich spricht sich Brüssel dafür aus, die Lohnsteuer für Geringverdiener zu senken.
Die Kommission geht mit dem Plan, der einen Rahmen für eine gemeinsame Antwort auf die Wirtschaftskrise abgeben soll, auf Kollisionskurs mit der Bundesregierung. Deutschland lehnt bisher ermäßigte Mehrwertsteuersätze etwa für Handwerkerarbeit ab, weil damit noch mehr Ausnahmen im EU-weiten Durcheinander der Verbrauchssteuern geschaffen würden.
Auch Einkommensteuersenkungen lehnt die Bundesregierung entschieden ab. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will erst im Bundestagswahlkampf für eine Steuerreform werben. Eine Mehrwertsteuersenkung, wie sie Großbritannien vorhat, lehnten Deutschland und Frankreich ab, sagte Merkel nach dem Treffen mit Präsident Nicolas Sarkozy in Paris.
In der Bundesregierung spielen Beamte andere Varianten durch, um den privaten Konsum wieder anzukurbeln, dem eine wesentliche Rolle für das Wirtschaftswachstum zukommt. Wie das „Handelsblatt“ unter Berufung auf Regierungskreise berichtete, ist ein Betrag von rund 500 Euro je Arbeitnehmer als Konsum-Gutschein im Gespräch.
Wenn die Regierung nur die 30 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten unterstütze, koste das den Fiskus im kommenden Jahr zusätzlich 15 Milliarden Euro, berichtete die Zeitung. „Wenn die beschlossenen Instrumente nicht ausreichen, werden wir mit weiteren Milliarden die Konjunktur ankurbeln“, zitierte das „Handelsblatt“ einen hohen Regierungsbeamten.
An den Details der möglichen Ausgabe von Coupons werde jedoch noch gearbeitet. Unter anderem werde geprüft, das „500-Euro-Geschenk“ mit der Verpflichtung zu verknüpfen, dass der Bürger beim Einlösen zusätzlich eigenes Geld investieren müsse.
Laut dem „Handelsblatt“ wird die Ausgabe solcher Gutscheine im Finanzministerium für einen geeigneten Konjunkturimpuls gehalten, weil anders als bei Steuersenkungen nicht die Gefahr bestehe, dass das zusätzliche Geld gespart werde. Der Sprecher des Bundesfinanzministeriums, Torsten Albig, wies den Bericht zurück. „Das ist absurder Unsinn“, sagte der Sprecher von Finanzminister Peer Steinbrück (SPD).
Auch die US-Regierung will wegen des wirtschaftlichen Abschwungs infolge der Finanzkrise laut einem Zeitungsbericht 25 bis 100 Milliarden Dollar in ein Programm zur Stützung von Verbraucherkrediten stecken. Finanzminister Henry Paulson wolle das Vorhaben am 25. November bekannt geben, meldete das „Wall Street Journal“ unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen.
Die Pläne zielten darauf, die Verfügbarkeit von Auto- und Studentenkrediten sowie Kreditkarten zu verbessern. Dazu solle die US-Zentralbank Federal Reserve eine Fazilität auflegen, um Investoren beim Kauf von Wertpapieren zu unterstützen, die mit solchen Krediten hinterlegt seien. Das Finanzministerium will seinen Beitrag zu dem Programm den Angaben zufolge aus seinem 700-Milliarden-Dollar-Paket zur Stützung der Finanzbranche nehmen.