Tuesday, November 25, 2008

Deutsche wollen mit China auf Piratenjagd gehen

Seeräuber

Deutsche wollen mit China auf Piratenjagd gehen

Von Johnny Erling 25. November 2008, 09:31 Uhr

Ein deutscher Marinegeneral sucht Unterstützung im Kampf gegen die Piraten bei den Chinesen. Die denken über ein Eingreifen nach. Auch, weil Indien, Japan und Südkorea bereits mitmischen. Bisher erlaubte China seinem Militär internationale Kooperation nur im Kampf gegen Terrorismus und Drogenhandel.

Marineinspekteur Wolfgang Nolting hat während seines Besuchs in Peking bei Chinas Militärführung vorgefühlt, wieweit sie bereit ist, gemeinsam mit Deutschland gegen das internationale Piratentum im Indischen Ozean vorzugehen. „Die Marine Deutschlands und die von China sollten zusammenarbeiten, um die Piraten zu bekämpfen“, zitierte die Nachrichtenagentur Xinhua den deutschen Marinegeneral. Chinas Verteidigungsminister Liang Guanglie legte sich nicht konkret fest. Nach Angaben von Xinhua stimmte er aber zu, dass alle „nicht traditionellen Sicherheitsrisiken“ stärker beachtet werden müssen. Liang sagte, dass sich die militärischen Verbindungen zwischen China und Deutschland „zunehmend vertiefen“.

Die ausführliche Berichterstattung über den Vorschlag Noltings zeigt Pekings hohes Interesse an dem Thema. Bisher erlaubte China seinem Militär internationale Zusammenarbeit nur im Kampf gegen Terrorismus, Drogenhandel oder bei der Teilnahme an Manövern der Shanghaier Kooperation. Die außenpolitische Wochenzeitschrift „Herald Leader“ berichtet nun über öffentliche Debatten darüber, ob sich China künftig auch an Militäraktionen außerhalb seiner Grenzen etwa gegen somalische Piraten beteiligen sollte. Mehrere chinesische Schiffe wurden bereits gekapert. Die innerchinesische Debatte wird seit den Aktionen der indischen Marine und Aktivitäten japanischer und südkoreanischer Schiffe hitziger.

Eine Mehrheit unter den im Internet Diskutierenden plädiert dafür, dass Chinas Marine zum Schutz der eigenen Handelsflotte internationale Verantwortung übernehmen soll. Alle Aktionen sollten aber unter dem Dach der Vereinten Nationen (UN) geschehen. Kritiker nennen dagegen gewaltsames Vorgehen außerhalb der eigenen Grenzen einen Bruch mit der Tradition, Probleme über den Dialog zu lösen. China gerät als neue Handelsnation in ein Dilemma. Es muss immer mehr strategisch wichtige Rohstoffe über den Seeweg einführen, ohne allerdings bisher die Sicherheit der Seerouten garantieren zu können.

In Deutschland mehren sich derweil ebenfalls die Stimmen, die ein klares und hartes Vorgehen gegen die Piraten fordern. So sprachen sich die Grünen für eine deutsche Beteiligung am Horn von Afrika aus. Voraussetzung für die Beteiligung der EU müsse allerdings eine klare Resolution der UN sein, sagte Parteichefin Claudia Roth. Rund 3,5 Milliarden Menschen in Somalia seien in Not. Nahrungsmittel könnten wegen der unsicheren Seewege nicht geliefert werden. „Es muss gehandelt werden“, so Roth.

Mit großer Eile treibt auch die Bundesregierung die Vorbereitungen für ein entsprechendes Bundeswehrmandat voran. Wie der stellvertretende Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Karl Lamers (CDU), am Montag im ARD-„Morgenmagazin“ sagte, soll unmittelbar nach der spätestens bis zum 8.Dezember erwarteten Entscheidung der EU eine Kabinettsvorlage erstellt werden. Lamers rechnet am 10.Dezember mit einer Entscheidung im Kabinett und bis zum 19.Dezember mit einer Abstimmung im Bundestag. Das Mandat solle der Marine die Möglichkeit geben, gegebenenfalls Schiffe zu beschießen und zu versenken. Bei der Frage, ob Beamte der Bundespolizei auf den Marineschiffen mitfahren sollen, ist die große Koalition laut Lamers auf dem Weg der Einigung.

Sehr konkrete Vorschläge zur Piratenbekämpfung kommen aus dem Iran. Der Mullah-Staat ist nach Regierungsangaben bereit, notfalls mit Gewalt vorzugehen. Vize-Verkehrsminister Ali Taheri sagte der Zeitung „Ebtekar“, die Regierung halte ein entschlossenes Handeln für richtig. „Die Islamische Republik Iran ist in der Lage, den Piraten entgegenzutreten. Falls notwendig, können wir Gewalt anwenden“, sagte Taheri. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums milderte dies jedoch ab. „Lassen Sie uns erst einmal sehen, welche Option angebracht und wirksam wäre.“

Derweil haben die somalischen Entführer des Supertankers „Sirius Star“ ihre Lösegeldforderung nach Angaben der somalischen Islamistengruppe ICU auf 15 Millionen Dollar heruntergesetzt. Zuvor hatten die Islamisten angekündigt, das Schiff in Eigenregie zu befreien, weil es einem muslimischen Land gehöre. Ursprünglich hatten die Piraten 25 Millionen Dollar für die Herausgabe des rund 330 Meter langen Tankers aus Saudi-Arabien verlangt.