Es ist nicht ganz zwanzig Jahre her, da tätigte der kapitalistische Westen seine kleinen ironischen Ausverkaufgeschäfte in Sachen Sozialismus. Als nämlich in den letzten Tagen des Jahres 1989 die DDR ausgeräumt und die Mauer stückweise abgetragen wurde, begann ein kurzer Handel mit Arbeiter- und Bauernstaat-Devotionalien zu blühen. Auf den kleinen Flohmärkten - wir reden ja von einer Welt, die noch samt und sonders eine analoge Welt war - da lagen überall die mit Farbresten legierten Mauerstückchen aus, und wer ein solches Bröckchen besaß, der konnte damit den nächsten Generationen seine Zeitzeugenschaft beweisen. Handfeuerwaffen als Scherzartikelware Natürlich wurden damals auch die Asservatenkammern der Deutschen Demokratischen Republik geplündert, und was man dort alles fand, konnten die Wessis ganz gut für ihre politisch-ironischen Faschingsbälle gebrauchen: alte NVA-Uniformen, Generalsmützen, das ganze Ordensblech und mehr oder weniger verbleite Handfeuerwaffen - der gesamte Krempel aus dem Kalten Krieg geriet zur Scherzartikelware. Wer damals die eher feinen Spielarten der Verhöhnung liebte, presste alte Marx-, Engels-, Lenin-, Lukács- und Pieck-Ausgaben in sein Bücherregal und ließ sich von Besuchern für seine subtile Art bewundern, dem scheinbar versunkenen Ideengebäude des Sozialismus noch einmal einen letzten sarkastisch-musealen Auftritt zu verschaffen. Es war dieser "Der Letzte-macht-das-Licht-aus-Humor", über den sich alle schiefgelacht haben damals, und der ist heute wieder im Angebot - und will denn diesmal keiner drüber lachen, nein? Seit die amerikanische Investmentbank Lehman Brothers mit ihrer monströsen Pleite das Zeitalter der Krise eingeläutet hat, stehen diverse Firmen-Devotionalen zum Verkauf. Und weil die meisten Flohmärkte ja heute nicht mehr analog sind, findet man die Lehman-Brother-Scherzartikel jetzt bei Ebay. |