Tuesday, February 10, 2009

Dieser deutsche Student nahm es mit China auf

Dieser deutsche Student nahm es mit China auf

10. Februar 2009, 12:19 Uhr

Bislang gab es nur Bilder von seinen ausgelatschten Turnschuhen. Nun wurden erstmals Fotos des Deutschen Martin J. veröffentlicht, der eben jene Schuhe auf den chinesischen Regierungschef Wen Jiabao warf. Der Student musste sich heute in Cambridge wegen Störung der öffentlichen Ordnung vor Gericht verantworten.


German student Jahnke arrives at Cambridge magistrates court, eastern England
Foto: REUTERS

Das ist der Mann zum Schuh: Martin J. auf dem Weg zu einem Gericht in Cambridge.

German student Martin Jahnke leaves Cambridge Magistrates Court in eastern England
Foto: REUTERS

Für den Termin zieht er die Jacke aus. Er muss sich vor der Justiz dafür verantworten, dass er während einer Rede des chinesischen Ministerpräsidenten Wen einen Turnschuh in seine Richtung warf.

Foto: AFP

Im Gericht wurde er von der Presse bereits erwartet. Zuvor gab es nur Fotos von seinen Schuhen.

Foto: AFP

Diesmal trägt er schwarze Halbschuhe.

Blass, schmal, ernst: So sieht der deutsche Student aus, der einen der mächtigsten Männer der Welt mit ein paar Turnschuhen attackierte. Vor Gericht erschien der 27-Jährige in einem schwarzen Anzug, einem blauen Hemd – und schwarzen Halbschuhen. Sein Auftritt war allerdings kurz: Nachdem er seine persönlichen Daten genannt und auf nicht schuldig plädiert hatte, wurde der Prozess um vier Wochen vertagt.

Die Staatsanwaltschaft hatte die Pause beantragt, um mehr Beweismaterial wie Videoaufnahmen von der Veranstaltung in der Universität auswerten zu können.

Martin J. war am Montag vergangener Woche während einer Rede Wens in der Universität aufgestanden und hatte einen Turnschuh in Richtung des Ministerpräsidenten geworfen. Dabei rief er: „Das ist ein Skandal. Wie könnt ihr den Lügen dieses Diktators zuhören?“ Der Schuh verfehlte Wen um etwa einen Meter. Anschließend ließ sich der 27-Jährige widerstandslos festnehmen. Ihm drohen bis zu sechs Monate Haft, ein Bußgeld von umgerechnet 5730 Euro und ein Ausschluss von der renommierten Universität.

Wen hatte vor Prozessbeginn um Nachsicht für den Doktoranden gebeten. Der Regierungchef habe sich dafür ausgesprochen, dass der 27-Jährige seine Arbeit an der Universität fortsetzen könne, teilte das Außenministerium in Peking am Montag mit. Der Doktorand arbeitet seit Jahren an der Universität Cambridge, zuletzt im Fachbereich Pathologie. Dort ist er Medienberichten zufolge an gentechnischen Studien zur Erforschung von Krankheiten wie Diabetes, Multiple Sklerose oder Arthritis beteiligt. Zudem gab er Seminare für andere Studenten.

Vorbild für den Schuhwurf war offenbar der berühmte gewordene Vorfall im Dezember in Bagdad: Der irakische Fernsehjournalist Muntaser el Saidi hatte seinen Schuh in Richtung des damaligen US-Präsidenten George W. Bush geworfen und damit weltweit für Aufsehen gesorgt. Mitschnitte der Szene wurden vor allem in der arabischen Welt bejubelt. Saidi wurde festgenommen und muss sich ab dem 19. Februar vor Gericht verantworten.